(Gemeinsam mit den Bochumer Symphonikern)
Nelson Freire gehört zu den Pianisten, deren Spiel mit wachsendem Alter immer interessanter wird. Im voll besetzten Bochumer Musikforum Ruhr präsentierte sich der 72-jährige Brasilianer jetzt beim Klavierfestival Ruhr als ein abgeklärter Meister...
Nelson Freire gehört zu den Pianisten, deren Spiel mit wachsendem Alter immer interessanter wird. Im voll besetzten Bochumer Musikforum Ruhr präsentierte sich der 72-jährige Brasilianer jetzt beim Klavierfestival Ruhr als ein abgeklärter Meister seines Instruments, der sich und der Welt nichts mehr beweisen will und muss.
Den Auftakt gestaltete Freire mit Bach-Bearbeitungen einiger Choräle sowie des Orgel-Präludiums in g-Moll BWV 535. Werke, die Freire mit substanzreichem, aber feinem Anschlag und zurückhaltenden Tempi aus dem Inneren heraus leuchten ließ. Schlicht und natürlich phrasierend, mit ruhig atmenden Legato-Linien ohne jede virtuose Pose und exzentrischen Schnickschnack.
Eine Musizierhaltung, die auf den ersten Blick nicht zu Robert Schumanns von jugendlichem Eifer erfüllter Fantasie op. 17 passen will. Tut sie aber, wenn die melodischen Verläufe so plastisch und klanglich so filigran geformt werden, dass die emotionale Intensität auch bei zurückhaltenden Tempi hörbar wird. Die verträumten Klangschleier des letzten Satzes strahlen durch die unprätentiöse Dezenz des Vortrags eine überirdische Zartheit aus.
Umso überraschender entwickelt Freire an den dynamischen Höhepunkten einen geradezu orchestral mächtigen, aber nie muskelbepackten Klang. Auch Chopins Dritte Sonate in h-Moll präsentiert Freire überwiegend als lyrische Oase, deren zarte Kantilenen er liebevoll phrasiert, wobei er sich nicht scheut, in Teilen des Scherzos und des Finales riskant-rasante Tempi anzuschlagen. Zuvor breitete Freire noch mit kleinen, impressionistisch angehauchten Preziosen aus dem Zyklus „A prole do bebê“ seines Landsmanns Heitor Villa-Lobos die reiche Palette seiner Anschlagskultur aus.
Begeisterter Beifall mit Standing Ovations.
WAZ, Pedro Obiera
Leicht schleppend wirkt sein Gang zum Steinway-Flügel. Doch sobald sich Nelson Freire über die Tastatur beugt, kann von Handicaps des Alters keine Rede mehr sein. Beim Klavierfestival Ruhr in der brillanten Akustik des Musikforums Ruhr in Bochum...
Leicht schleppend wirkt sein Gang zum Steinway-Flügel. Doch sobald sich Nelson Freire über die Tastatur beugt, kann von Handicaps des Alters keine Rede mehr sein. Beim Klavierfestival Ruhr in der brillanten Akustik des Musikforums Ruhr in Bochum sprühte der begeistert gefeierte 72-jährige Brasilianer vor Spiellaune.
Ins Rampenlicht rückte Nelson Freire als Klavierpartner Martha Argerichs. Schon in seiner Jugend, während des Studiums in Wien, lernte er die Argentinierin kennen und schätzen. Da er sich bis heute gegen jegliche Vermarktung sträubt, wird er beim breiten Publikum, dafür keineswegs unter Kennern unterschätzt. Seinen Ausnahmerang als Klavier-Poet der Spitzenklasse unterstrich er in Bochum mit einem facettenreichen Programm. Als abgeklärt altersweisem und doch skrupulösem Grandseigneur ist ihm exaltiertes Virtuosen-Gehabe fremd. Bestechend wirken die intime Diskretion seines Spiels, die enorme dynamische Spannweite und eine ausgeprägte Fähigkeit zu gesanglicher Phrasierung.
Davon profitieren kristalline Bach-Bearbeitungen eines Präludiums, zweier Choralvorspiele und des bekannten, sehr getragen gemeisterten Chorals „Jesus bleibet meine Freude“. Hier hallt prägnant der Orgelklang nach. In Robert Schumanns leidenschaftlicher C-Dur-Fantasie wirkt der Überschwang tosender Leidenschaft gezügelt. Umso prägnanter arbeitet Freire die unterschwelligen verzückten Sehnsuchtsmomente heraus. Mit dem schlichten Prélude aus den „Bachianas brasileiras“ und drei quirligen Kabinettstückchen aus „A prole do bebê“ unterstreicht Freire die Originalität seines Landsmanns Heitor Villa-Lobos. Chopins h-Moll-Sonate lässt er unter balladeskem Wirbel von innen erglühen. Dazu gibt’s noch Zuckerguss mit zwei Zugaben: einer Bearbeitung von Glucks „Reigen seliger Geister“ und Brahms‘ A-Dur-Intermezzo.
Recklinghäuser Zeitung, Bernd Aulich

Kritiken / Pressestimmen
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